Personal Branding – Warum?

 In Allgemein

Jerome Boateng ist nicht nur Profi-Fußballer sondern auch Stilikone. Micky Beisenherz schreibt nicht nur hinter den Kulissen sondern ist ne echte Marke im Social Web. Sina Trinkwalder hat mal manomama gegründet, zumeist aber redet sie über sich und ihre Überzeugungen. Die Öffentlichkeit des Social Webs hat eine Generation von Personenmarken geschaffen bzw. möglich gemacht. Personal Branding heißt das im Marketing-Sprech. Starke, kommunikative Persönlichkeiten schaffen sich eigene Flächen. Sie geben sich selbst, ihren Arbeitgebern oder eigenen Unternehmen zusätzliche Ebenen. Dies schafft ein Mehr an Berührung und damit ein Mehr an Relevanz.


Ist Personal Branding nachhaltig?

Ich tue mich schwer, diese Frage klar mit ja oder Nein zu beantworten. Klar ist, ein guter Kommunikator ist in der Lage, eine Art Wunschbild von sich im Web zu zeichnen. Ich habe eine Weile im Online-Dating gearbeitet – und so ein wenig gibt es Parallelen. Auch in Singlebörsen erschaffen viele ein Bild von sich, von dem sie glauben, dass dies gewünscht ist, dass es Interesse generiert. Es ist erst einmal unerheblich, ob dieses Bild mit der Realität übereinstimmt. Doch beim ersten Date verfliegt der Zauber, wenn er falsch ist.

Ganz ähnlich würde ich es für Personal Branding einschätzen. Familie, Sport, Kultur, Soziales – das kommt alles ganz toll an. Wer würde bei solchen Beiträgen nicht auch „Like“ klicken. Das ganze inszeniert mit guten Bildern scheint unschlagbar. Und so lange es sich rein virtuell abspielt, ist es auch nicht zu entschlüsseln. Widersprüche werden nicht sichtbar. Doch das Leben ist nicht durchweg virtuell. Je größer die Diskrepanz zwischen virtuellem Auftritt und realer Person ist, um so anstrengender ist es, das ganze durchzuhalten. Vor allem aber kostet es Glaubwürdigkeit, wenn das Bild nicht stimmig ist. Ganzheitlich nachhaltig wird es nicht sein.


Der Stress der InstagrammerInnen

Besonders virulent ist das Thema auf Instagram. Auch wenn es sich hier nur auf die Optik bezieht – mittlerweile rebellieren einige Top-Instragammerinnen bereits gegen das dort herrschende Schönheitsideal. Einige haben keine Lust mehr, zigfache Versuche bis zum perfekten Bild zu unternehmen. Eine ständige Kunstfigur zu sein, kann eben anstrengen. Dazu gibt es dann auch ab und an Tipps wie: Nicht von unten fotografieren, so dass das Doppelkinn nicht zu sehen ist.

Wie gesagt, Instagram ist ein besonderer Kanal, auf dem rein optische Schönheit und Ästhetik eine ganz besondere Rolle spielen (daraus sind auch ganz eigene Geschäftsmodelle entstanden. Top-Instagrammerinnen verdienen ihr Geld als Rolemodels für alles mögliche). Dennoch ist für mich sinnbildlich für eine Entwicklung, bei der einige versuchen, ein von sich optimiertes Bild zu erschaffen. Der Grund liegt in der sozialen Währung der Likes. Wer bekommt nicht gerne Komplimente zu seinem Aussehen? Oder auch zur eigenen Lebenseinstellung, zur Persönlichkeit, zur eigenen Kompetenz. Es gibt täglich Chancen, sich mit Statements zu politischen Lage oder gesellschaftlichen Themen zu positionieren. Gerade letzter Punkt wird immer wichtiger, da gesellschaftliche Themen eine enorme Bedeutung haben und ein sehr breites Publikum ansprechen.

Die Frage bleibt: Sind solche Statements glaubwürdig? Für mich persönlich nur in wenigen Fällen. Meine Erwartungshaltung und auch meine Empfehlung an Personal Brands ist: Branding genau in dem Kontext, für den man wirklich stehen kann. Für den man Kompetenzen besitzt. Die glaubwürdige persönliche Verbindung ist das entscheidende. Natürlich können da auch Dinge eine Rolle spielen, die eine Person wesentlich ausmachen und keinen direkten professionellen Bezug haben. Macht ein Geschäftsführer Triathlon, dann kann und sollte er darüber gerne auch kommunizieren. Das Thema bringt viele positive Assoziationen mit sich. Ein Chef, der sich außerhalb des Büros nicht schont, der wohl fit ist. Jeder Läufer, Radfahrer oder Schwimmer im Unternehmen wird sich diesem Chef gleich ein Stück näher fühlen. Soziales bzw. gesellschaftliches Engagement ist grundsätzlich etwas, das gerade Top-Verdienern und Unternehmern Sympathiepunkte und Vertrauen bringen kann.


Professionelle Kompetenzen

Grundsätzlich stellt sich für Business-Entscheider, Gründer, Unternehmer die Frage: Wie gehen wir Personal Branding an? Sollen wir überhaupt?

Zu letzterem Punkt: Ich sehe hier mehr Chancen als Risiken. Wir alle leben privat wie beruflich von menschlichen Verbindungen, von Vertrauen, von Sympathien. Das Web bietet im Vergleich mit den Offline-Kanälen für jeden die Chance, einen echten Footprint zu hinterlassen. Webseiten, Blogs, soziale Netzwerke – es gibt unzählige Möglichkeiten, mit wenig technischem Aufwand Flächen für die eigene Vermarktung zu schaffen.

Diese Seite hier ist ja genau eine solche Initiative. In den letzten Jahren schrieb ich viel zu vielen Themen, vor allem auf Facebook. Ich bin sportlich interessiert, politisch engagiert, habe Familie. Ich kommuniziere gerne. Und so kommen täglich Beiträge von mir. Ich denke schon, dass mich diese Beiträge als Person ganz gut darstellen und versuche bewusst, kein Kunstbild von mir zu zeichnen. Doch mein professioneller Fokus, meine Kompetenzen gehen in der Menge der anderen Beiträge vermutlich unter. Sie sind für mich rein geschäftlich aber wichtig – wichtiger als die vielen eher privaten Themen. So habe ich entschieden, eine Website unter meinem Namen anzulegen und mit professionellen Beiträgen zu füllen, die sehr wohl eine persönliche Note haben sollen. Aber ausgehend von meinem beruflichen Kerngebiet. Ich denke, dies taugt ganz gut als Blaupause. Gut, es ist möglich, dass es ab und an auch mal was zu Triathlon gibt 😉


Die Mitarbeiter von morgen

Wirklich wichtig wird das Thema Personal Branding aber für Unternehmen wie Bewerber. Unternehmen investieren viel Zeit und Geld in die Mitarbeitersuche. Dies wird in den kommenden Jahren noch zunehmen. Die Personalabteilungen wollen vorfiltern, möglichst geeignete Bewerber einladen. Alles, was sich im Web finden lässt, hilft dabei. Aus Sicht der Bewerber wiederum ist dies eine große Chance. Die eigenen Kompetenzen und Erfahrungen öffentlich auffindbar zu machen, ist der direkteste Weg. Für beide Seiten funktioniert Personal Branding auf einer zweiten Ebene neben der reinen fachlichen Qualifikation: Ein öffentliches Bild im Web zeigt zumindest ein wenig, mit welchem Menschen ich es zu tun habe. Genau hier komme ich zurück auf das Thema Glaubwürdigkeit. Wie beim ersten Date, so ist beim ersten Bewerbungsgespräch der Zauber dahin, wenn das öffentliche Bild im Web nicht mit dem tatsächlichen einigermaßen deckungsgleich ist. Für junge Menschen ist eine gewisse Medienkompetenz nötig, um sich selbst als Person authentisch zu präsentieren, ohne dabei das gesamte Privatleben offen zu legen.


Sollen Top-Manager das nachahmen?

Ibrahim Evsan hat vor einiger Zeit ein Unternehmen für diese Art der Vermarktung gegründet. Ich erinnere mich vor allem daran, dass die meisten CEOs in Deutschland über keine eigene Domain mit ihrem Namen verfügten. Ob es als Geschäftsmodell taugt, weiß ich nicht. Aber ich denke schon, dass eine persönliche Visitenkarte für viele Top-Manager hilfreich ist. Dabei ist der eigene Webauftritt nur ein Puzzlestück. Das ganz ist eher eine Haltungsfrage: Möchte ich als Top-Entscheider hinter den Türen des Konfi von Mitarbeitern und Außenwelt abgeschottet sein oder möchte ich bewusst ein anfassbares Bild von mir zeichnen.

Für die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in Führungskräfte scheint mir ein öffentlicher Auftritt hilfreich. Wenn er stimmig ist. Das Doppelkinn oder die Triathlon-Trainingskilometer sind dabei nicht so entscheidend. Die einfache Frage ist: Traue ich dem Typen? Halte ich sie oder ihn für fähig?

Diese Frage kann man nur als Person beantworten. In einer digitalisierten Welt führt dies zwangsläufig auch zu einem starken persönlichen, digitalen Auftritt. Es gibt ganz sicher auch Gründe, die gegen einen solchen Auftritt sprechen, wie z.B. Angreifbarkeit und Aufwand. Ganzheitlich gesehen aber glaube ich, stehen sie hinter dem Kernargument der Nähe zurück.

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